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Der lingerianische Präsident hatte alle Gründe, mit sich selbst zufrieden zu sein. Seine Ideen hatten sich als unheimlich kreativ und überraschend erfolgreich erwiesen, seine diplomatische Arbeit als äußerst geschickt, sein politischer Scharfsinn als überragend. Schließlich hatte er die ganze Welt an der Nase herumgeführt, wie es ihm nur gefiel. Und das Ergebnis? Er hatte alles erreicht, was er wollte! Jetzt musste er nur seinen eigenen Leuten klarmachen, was für sie das Beste war.
Er richtete den Blick auf die versammelten Politiker. Gegen ihn waren sie alle Waisenknaben, und die Meisten waren es sich dessen wahrscheinlich bewusst. Es sollte keine schwere Aufgabe sein, ihre Zustimmung zu gewinnen. Und das Volk? Ach, das Volk...
Die Massen sind viel einfacher zu steuern als man denkt. Ein nettes Versprechen, eine verschleierte Drohung, eine Rede über die großartige Nation, ein bisschen mit der Fahne wedeln, ein paar Krokodilstränen vergießen... Er wusste all diese Knöpfe zu drücken, das war der Unterschied zwischen ihm und dem Rest. Er war ein echter Gottessegen für sein Land.
Der einzige, der ihm noch Sorgen machte, war Mujambo. Er schien seine Rolle des Volkstribuns wirklich ernst zu nehmen. Bei seinem letzten Auftritt im Fernsehen spielte er einen Unversöhnlichen, und auch vor zehn Minuten, direkt vor der Versammlung, hatte man seinen Vortrag über die große Fußballnation, die ihre Prinzipien bis in den Tod verteidigen wird, nicht überhören können. Dabei war er in der Politik ein blutiger Anfänger. Hatte er überhaupt eine Ahnung, was man mit einer Milliarde anfangen konnte? Zum Beispiel den Präsidentenpalast ausbauen. Oder gar neu bauen! Gepanzerte Limousinen für alle Regierungsmitglieder kaufen. Eine fantastische Wahlkampagne organisieren. Und das Volk würde dabei auch nicht zu kurz kommen – fürs Brot würde das Geld vielleicht nicht reichen aber für die Spiele mit Sicherheit.
Andererseits – Mujambo hatte eine Frau, die ihren Freundinnen gern imponierte, einen Haufen Kinder, die auch gewisse Ansprüche stellten und jede Menge Cousins, Onkel und Vetter, die so gern für die Regierung arbeiten würden. Das alles würde er nicht so leicht übers Bord werfen können, das müsste ihm alles wichtiger sein, als Deutschland zu demütigen. Jeder Mensch ist käuflich, und der Preis wird in dem Fall gar nicht zu hoch sein. Seinen patriotischen Rausch sollte Mujambo mit den strahlenden Perspektiven und berauschenden Illusionen stillen: Mit Klinsmann als Bundestrainer könnte Lingeria mit links Weltmeister sein und dann würden die Deutschen blöd aus der Wäsche gucken!
Er wusste schon, was er zu sagen hatte. Mit würdevollem und gleichzeitig gutmütigem Gesichtsausdruck fing er an:
- Meine Herren, unser Land erwartet von uns, dass wir heute ein historisches Abkommen mit Deutschland unterzeichnen. Die unerschütterte Freundschaft zwischen unseren Ländern wird durch eine großzügige Entwicklungshilfe noch befestigt...
Seine weiteren Worte versanken in einem ohrenbetäubenden Applaus.
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