Schöner Pass
Spielen : Sachbearbeiterin, Ausländerin
Das Telefon klingelt
S: Ausländerbehörde, Schmidt am Apparat, was kann ich für Sie tun?....Ja...Ja...Natürlich wird er abgeschoben...Wir? Wir sollten etwas machen? WIR schieben ihn doch ab!.....Nein, nicht morgen, heute noch...welche Zeit zum Packen? Er darf sowieso nur 20 Kilo mitnehmen. Dafür braucht er höchstens eine Stunde....Nein, es lässt sich nichts machen. Auf Wiedersehen.
(legt auf, Ausländerin kommt rein)
A: Guten Tag.
S: Guten Tag. Worum geht´s?
A: Ich möchte einen Antrag auf Aufenthalterlaubnis stellen.
S: Einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis? Neee, so einfach läuft das nicht! Sie müssen Ihren Antrag gut begründen können...
A: Naja, ich spreche gut deutsch, ich kann gut und hart arbeiten, ich habe eine gute Ausbildung und berufliche Erfahrung.
S: Welche Ausbildung haben Sie denn?
A: Ich habe Tamtamistik studiert und dann auf der Universität gearbeitet. Ich bin Professorin für angewendete Tamtamologie und tamtamistische Kommunikation.
S: Frau... (Guckt in die Akte)
A: (hilfsbereit) Chrzaszczbrzmiwtrzcinie
S: Richtig... Machen Sie sich nicht lächerlich! Wer braucht schon in Deutschland Ihre tamtamologie? Und wenn schon; wir haben eigene Spezialisten für tamtamistische Kommunikation.
Können Sie mit der Altenpflege etwas anfangen?
A: Nein, leider nicht. Aber ich habe in der Heimat im Institut Für Eindeutig Höhere Zwecke viele multikulturellen Gruppen geleitet.
S: Das können wir auch nicht gebrauchen. Deutschland hat die Leitkultur. Sie leitet sich von selbst.
Tja... Können Sie kochen?
A: Nicht so gut.
S: Das ist schlecht! Bügeln vielleicht?
A: (Strahlend) Nein, aber... Ich habe als Gastdozentin auf der Fachhochschule Nix-wie-rein in Obervoodoo gearbeitet. Im Fachbereich Textil!
S: Und was haben Sie da gelehrt, Frau...
A: Chrzaszczbrzmiwtrzcinie. (beschämt) Textilkultur...
S: Hören Sie, Frau...
A: Chrzaszczbrzmiwtrzcinie
S: Richtig... Sie sind anscheinend eine intelligente Person. Warum möchten Sie denn nicht verstehen, dass unsere Behörde sich an das Gesetz halten und nach Vorschriften richten muss? (etwas pathetisch) Uns geht es nicht um das Wohl eines Individuums, seien es auch Millionen von Individuen. Wir müssen uns um das Wohl unseres Landes kümmern. Um den deutschen Arbeitsmarkt. (ließt bürokratisch aus einem Ordner) Aufenthaltserlaubnis kann nur den Personen erteilt werden, die sich die für den Arbeitsmarkt als unentbehrlich erweisen. Wird diese Voraussetzung nicht erfüllt, ist die Behörde verpflichtet den marktuntauglichen Ausländer als einen drohend gefährlichen Faktor aufgrund seiner Nichtwirtschaftlichkeit innerhalb 2 Wochen auszuweisen. (Zeigt den Ordner der A.) Sehen Sie? * 60, Absatz 3. Sie sind schon so gut wie ausreisepflichtig! Oder haben Sie irgendwelche Fertigkeiten, die mir erlauben, Ihren Antrag anzunehmen? A: (ängstlich) Ich habe noch als Deutschlehrerin auf der Hopshopsschule gearbeitet...
S: (deutlich irritiert) Frau....
A: Chrzaszczbrzmiwtrzcinie.
S: Richtig! (ironisch) Ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass wir hier genug Deutschlehrer haben, die akzentfrei unsere Sprache beherrschen? Sie Können mir absolut nichts anbieten! Können Sie wenigstens putzen?
A: (niedergeschlagen) Nein, zu Hause habe ich eine Putzfrau gehabt.
(S. schließt den Ordner und macht den Eindruck, dass sie das Gespräch beenden möchte. A., mit Mut der Verzweiflung:)
A: Warten Sie! Ich war nebenbei auch Trainerin einer Frauenfußballmannschaft! Früher habe ich als Stürmerin gespielt, aber verstehen Sie...Das Alter!
S: (auf einmal interessiert) Frauenfußballmannschaft? Waren Sie den gut?
A: Naja, wir waren fünf Jahre nacheinander die Bundesligameisterinnen. Und etliche Pokale haben wir auch gewonnen.
S: (strahlend) Meine liebe Frau...
A: Chrzaszczbrzmiwtrzcinie
S: Ja, genau...Warum haben Sie das nicht sofort gesagt? Hier, bitte, Ihr Antragsformular. Sie brauchen nur hier zu unterschreiben, den Rest erledige ich selbst.
A: Heißt das, ich bekomme jetzt die Aufenthalterlaubnis?
S: Welche Erlaubnis? Sie werden eingebürgert! Unser Land braucht Sie! Haben Sie Ihre Fotos dabei? (füllt die Formulare, holt den Pass aus der Schublade, stempelt, usw.) Bitte sehr, mit der Erhaltung dieses Dokumentes sind Sie eine Deutsche. Gratuliere!
(A. bedankt und verabschiedet sich ,geht raus und schaut auf den Pass)
A: Nichts zu sagen. Schöööner Pass!