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Hätte Peter Wirbel an diesem Tag eine Reportage aus dem Zentrum der politischen Macht in den USA geschrieben, hätte sie mit Sicherheit den Titel "Schwarze Wolken im Weißen Haus" getragen. Auf allen Fluren des berühmten Gebäudes konnte man nervös laufende Gestalten mit irritiertem Gesichtsausdruck sehen. Auf allen Toiletten sammelten sich verbissen diskutierende Gruppen. In jedem Zimmer hatte schon jemand die Frage "also bei dir auch?" oder "hast du es schon mit Reset versucht? Mit Arbeitsatmosphäre hatte das nicht viel zu tun.
Als die Hotline aus Deutschland klingelte, war die Präsidentin der USA nicht gerade in der besten Stimmung, um die Entscheidungen übers Schicksal der Welt zu treffen. Mit der Maus klickend, und immer wieder neue Tastenkombinationen drückend, versuchte sie auf dem Monitor ihres Computers etwas anderes als die unbewegte Schwärze, die sie seit einer Stunde vor den Augen hatte, herzuzaubern. Man hatte ihr schon alle möglichen Spezialisten geschickt, die nur dazu fähig waren, die Hände ratlos auszubreiten und "Da lässt sich nichts machen" zu sagen. Der Kopf der Präsidentin tat weh, die neuen Schuhe drückten und die alte Sekretärin ging ihr auf den Keks. Und jetzt noch diese ausländischen Geschichten! Sie konnte nicht so richtig verstehen, was ihre deutsche Kollegin meinte. Lingeria? Wo liegt überhaupt dieses verdammte Land? Und was für eine idiotische Idee mit irgendeinem Krieg? Sind heute alle verrückt geworden?
- Sorry, my dear, – unterbrach sie abrupt – ich würde dir gerne helfen, ich bin aber selbst mit den Nerven am Ende. Du kannst dir nicht vorstellen, was für ein Durcheinander wir hier haben. Irgendein Blödmann im Weißen Haus hat einen falschen Zugangscode ein gegeben, und seitdem funktioniert kein Computer mehr. Wahrscheinlich haben die von Microsoft angenommen, dass wir ein unautorisiertes Programm benutzen und unser ganzes System ausgeschaltet. Die ganze Arbeit ist lahm gelegt. Sodom und Gomorra!
Selbst angesichts eigener Last konnte die Bundeskanzlerin den Ernst der Lage in Amerika nicht übersehen. Das Versagen des ganzen Computersystems war mit dem Krieg absolut vergleichbar. Besorgt fragte sie die Präsidentin:
Darf Microsoft alle Computer bei euch einfach so ausschalten? Ich meine... Die staatlichen Institutionen müssen doch...
- Nach der letzten Gesetzesänderung darf Microsoft praktisch alles! – schluchzte die Präsidentin. Und überall, nicht nur im Weißen Haus oder in Amerika. Aber das solltest du selbst am besten wissen. Nun, versteh mich, ich habe ein echtes Problem am Hals und ich kann mich jetzt mit einem solchen Furz wie Lingeria nicht beschäftigen. Ich muss so schnell wie möglich den Bill erreichen, vielleicht kann er mir helfen.
"Den findest du unter dem Schreibtisch seiner Assistentin", dachte die Bundeskanzlerin, aber schon im nächsten Moment schämte sie sich dieser Vermutung. Bestimmt meinte die Präsidentin den Bill Gates, und schmutzige Gedanken waren hier völlig unangebracht. Außerdem war das alles bedeutungslos. Sie brauchte Hilfe, und gerade sie konnte sie jetzt nicht erwarten.
War es möglich, dass die Bundeskanzlerin schluchzte? Die Präsidentin wurde plötzlich von durchdringendem Mitgefühl ergriffen. Schließlich war sie mit der Bundeskanzlerin so gut wie befreundet. Sie wusste, wie schwer es Frauen an der Spitze hatten, sie selbst könnte Lieder davon singen. Jetzt war der richtige Moment, um feministische Solidarität zu zeigen. Eine fast Freundin darf man nicht hängen lassen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist.
Die Präsidentin ließ die Maus in Ruhe und sagte entschieden:
- Okay, beruhige dich und hör zu! Du wirst den UNO Generalsekretär anrufen und um Vermittlung bitten. Er ist ein Buddhist, das macht die Sache leichter. Ich kenne solche Typen aus Kalifornien, für den Weltfrieden machen sie alles.
Die Bundeskanzlerin war noch nicht ganz beruhigt. Sie war sich nicht mal sicher, ob ihre Gesprächspartnerin die Lage wirklich begriffen hatte. Sie wollte noch einmal die Sache so gut wie möglich klären:
- Vielleicht wäre es besser , wenn du persönlich vermitteln würdest? Schließlich hat die UNO keine Waffen, und es geht um den Fußball, und...
- My dear, - die Stimme der Präsidentin erinnerte jetzt an eine gut gekühlte Coca Cola – von eurem europäischen Fußball verstehe ich sowieso nichts. Hier spielen wir "american football". Ich empfehle dir den Buddhisten. Bye, bye!
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