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Die siebenundsiebzigste Minute fing an, noch schlimmer als die vorherigen sechsundsiebzig Minuten. Mustafa schickte den Ball zu Musa, Musa dribbelte beinahe durch die Hälfte des Stadions, spielte zur Mitte ab, Hamdi hatte den Ball ganz schön mit dem Kopf aufgenommen, fummelte drei Polizisten aus und passte zu Assasa, der vor sich nur noch den Torwart hatte. Und dann, ganz plötzlich, aus der Erde, aus dem Nichts, aus dem unvorstellbaren Pech wuchs ein großer Blonder heraus, verhexte den Ball, so dass er aus seinem Fußende direkt zu einem mopsgesichtigen Stöpsel flog, weiter zu einem blassen Knochengerüst, von ihm zu einem dicklichen, rosigen, ferkelähnlichen Kommissar im mittleren Alter und – oh weh! – gerade dieser Waschlappen schaffte es, den Asylanten das zehnte Tor reinzuballern.
Die Pfützen auf dem Fußballplatz nahmen das Maß von kleinen Seen an. Ein kleines Grüppchen von beruflich verpflichteten Fans duckte sich unter den Regenschirmen, Raucher bliesen aus dem Mund die größeren, Nichtraucher die kleineren Dampfwölkchen ab. Assasa verstand die Welt nicht mehr. Alle haben doch gesehen, dass er der beste auf dem Platz war. Er war ein Drachen mit drei Köpfen und acht Beinen, eine Hydra, die immer da nachwuchs, wo sie keiner erwartete, ein Adler, der den Gegner allein mit dem Schatten seiner Flügel bestürzte. Und das alles reichte nicht, war nur unfruchtbare Mühe, Kunst für Kunst, verzweifeltes Erwarten? Kreuz, Tod und Gruft, alles war nicht genug, um ein einziges Tor zu erzielen? Die Schuhe vom Perser, mit der matschigen Schmiere beklebt, haben das Ziel immer wieder verfehlt. Hexerei, nichts anderes als Hexerei. Die Weißen haben den Ball verhext!
In der zweiundneunzigsten Minute, zwei Minuten Nachspielzeit angerechnet, als der Schiri beim Stand 11:0 das Ende abpfiff, tat Assasa alles weh – Waden, Schenkel, Knien, Bauch, Wirbelsäule und Schädel, laufen konnte er überhaupt nicht mehr, am meisten aber litt das Herz des großen Kriegers, der alles gegeben hatte und trotzdem auf dem Felde, na ja, leider kann man nicht sagen dem Feld der Ehre, gefallen war.

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